Worum es wirklich geht – MiCAR 2025 für Start-ups & Mittelstand
Die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR, Regulation (EU) 2023/1114) und die Travel-Rule-Verordnung (Regulation (EU) 2023/1113) greifen 2025 voll. Für Start-ups und Mittelstand ist das keine Randnotiz, sondern ein Produkt- und Betriebsdesign-Thema: Welche Funktionen dürfen Sie selbst erbringen, wo sind Partner sinnvoll, wie bleiben Kommunikation, Datenflüsse und Governance widerspruchsfrei? Wer das früh klärt, spart Monate an Time-to-Market und vermeidet kostspielige Umplanungen.
MiCAR im Alltag: von der Idee zur umsetzbaren Architektur
Der Einstieg ist eine Funktionsanalyse: Welche Eigenschaften hat Ihr Token, welche Services erbringen Sie (z. B. Verwahrung, Handel, Orderausführung, Platzierung, Transfer, Beratung), wie sehen On/Off-Boarding, KYC/Monitoring und Travel-Rule-Prozesse aus, welche Schnittstellen zu PSPs, Börsen und Verwahrstellen bestehen? Erst daraus ergibt sich, ob CASP-Lizenz/Zulassung erforderlich ist, ob eine Registrierungspflicht genügt oder ob ein Partner-Operating-Modell wirtschaftlich überlegen ist.
Token-Einordnung: Utility, EMT oder ART – die erste Weiche
-
Utility-Token vermitteln Nutzung/Zugang ohne Zahlungsersatzfunktion.
-
EMT (E-Money-Token) referenzieren ausschließlich eine amtliche Währung.
-
ART (Asset-Referenced Token) beziehen sich auf mehrere Werte/Währungen.
Praxisfallstricke: Staking-, Cashback-, Reward- und Referral-Mechaniken können faktisch Zahlungscharakter erzeugen. Auch Whitepaper-Sprache und Werbeaussagen prägen die Einstufung. Eine dokumentierte Klassifizierung vor dem Launch bildet die Basis für Whitepaper, Marketing und Gespräche mit Aufsicht und Partnern.
Whitepaper & Kommunikation: präzise, ausgewogen, prüfbar
Das MiCAR-Whitepaper ist kein Pitchdeck: gefordert sind vollständige, ausgewogene, nicht irreführende Informationen zu Projekt, Risiken, Governance und Rechten. Überzogene Wert- oder Ertragsaussagen provozieren Rückfragen. Influencer-Aktivitäten, Airdrops, Roadshows müssen mit dem Whitepaper widerspruchsfrei sein.
Marktzugang: CASP-Lizenz/Zulassung oder partnerschaftlicher Betrieb?
Crypto-Asset-Service-Provider (CASP) erbringen u. a. Verwahrung, Handelsplatzbetrieb, Orderausführung, Platzierung, Transfer-Dienste oder Beratung. Abhängig vom Umfang brauchen Sie eine CASP-Lizenz/Zulassung – oder Sie bilden Kernfunktionen über lizenzierte Partner ab (klar geregelte Rollen, Datenflüsse, Kontrollen). In Deutschland kommen für Eigenbetrieb u. a. in Betracht: Zuverlässigkeit & Sachkunde der Geschäftsleiter, Eigenmittel, Interne Kontrollen, Compliance-Funktion, Risiko-/Incident-Management, IT-Sicherheit und Outsourcing-Governance.
DORA (Regulation (EU) 2022/2554) ist mitzudenken: IKT-Risikomanagement, Resilienz- und Wiederanlaufkonzepte, Test- und Meldepflichten. Ziel ist wirksame Governance – nicht Papierfülle.
Travel Rule & AML nach GwG: Datenflüsse, die funktionieren
Die Travel Rule verlangt standardisierte Zahler-/Empfängerdaten bei Transfers von Krypto-Assets. Bewährt ist ein TFR-Provider (API) plus klarer Ablauf: Erhebung → Validierung → Übermittlung → Fehler-/Eskalationslogik → revisionssichere Logs. Zusammen mit risikobasiertem KYC/Monitoring nach GwG entsteht ein skalierbarer Minimalstandard, der Durchlaufzeiten stabilisiert und False Positives senkt. Vertragsseitig sind Pflichten- und Entscheidungswege mit PSPs, Börsen, Verwahrern eindeutig festzulegen.
ZAG-Abgrenzung & PSR-Ausblick: wenn Funktion das Regime wechselt
Neben MiCAR bleibt das ZAG relevant. Wo Token als Zahlungsmittel wahrgenommen werden oder Einlösemöglichkeiten bestehen, drohen E-Geld-Pflichten. Besonders sensibel sind Punkte/Credits im Shop. Die kommende Payment Services Regulation (PSR) schärft Anforderungen an Zahlungsdienste zusätzlich. Produkttexte sollten keinen Zahlungsersatz suggerieren, sofern dies nicht intendiert und lizenziert ist.
DAC8 & steuernahe Transparenz: Reporting by Design
Mit DAC8 steigt die Meldepflicht für Krypto-Transaktionen. Empfehlenswert sind: eindeutige Wallet-Zuordnung, konsistente Transaktionslogs, Export-Fähigkeit, definierte Aufbewahrungsfristen und klare Verantwortlichkeiten – von Anfang an. Das senkt Kosten und beschleunigt Prüfprozesse.
BaFin-Praxis MiCAR für Start-ups & Mittelstand: welche Fragen typischerweise kommen
Gefragt wird nach Plausibilität: Passen Nutzungsversprechen und tatsächlicher Use-Case zusammen? Sind Risiken ehrlich adressiert? Tragen Governance, Outsourcing, IT-Sicherheit das Volumen? Sind AML-Prozesse schlüssig? Sind Werbeaussagen belegt? Wer diese Punkte antizipiert, verkürzt Verfahren spürbar.
Rechtslage & belastbare Rechtsprechung zu MiCAR für Start-ups & Mittelstand
-
MiCAR: Regulation (EU) 2023/1114
-
Travel Rule: Regulation (EU) 2023/1113
-
DORA: Regulation (EU) 2022/2554
-
EuGH, C-264/14 („Hedqvist“) – 2015: Umtausch Bitcoin ↔ Fiat fällt unter die USt-Befreiung für Devisen.
-
BFH, Urteil v. 14.02.2023 – IX R 3/22: Private Veräußerungsgewinne aus Krypto sind steuerpflichtig (§ 23 EStG).
Umsetzung mit Augenmaß: Route in 6 Bausteinen
-
Token-Klassifizierung (Utility/EMT/ART) belastbar entscheiden & dokumentieren.
-
Whitepaper präzise, ausgewogen, prüfbar; Werbesprache darauf ausrichten.
-
AML/Travel-Rule risikobasiert, API-fähig, mit klarer Eskalation.
-
Operating-Modell wählen: Partner-Setup oder eigene CASP-Lizenz/Zulassung.
-
DORA/Outsourcing-Governance: so schlank wie möglich, so robust wie nötig.
-
DAC8-Datenmodell „by design“: Zuordnung, Exporte, Fristen, Verantwortlichkeiten.
Fazit
MiCAR belohnt klare Struktur: Wer Funktionen, Kommunikation und Datenflüsse stimmig ausrichtet, skaliert schneller, überzeugt Partner auf Augenhöhe und reduziert Reibung in Betrieb und Audit. Regulierung wird so zur Infrastruktur für Vertrauen und Wachstum.
Kontakt & nächster Schritt
Sie benötigen kurzfristig Klarheit zu Lizenz/Zulassung, Registrierungspflicht oder zur Travel-Rule-Umsetzung? Ich liefere eine prüfungsfeste MiCAR-Routenentscheidung (Token-Klassifizierung, Whitepaper-Review, AML/TFR-Ablauf, Operating-Modell) – umsetzungsnah und terminsicher. Kontaktieren Sie uns direkt per E-Mail an kontakt@rexus-recht.de, telefonisch oder über unsere Kanzleihomepage.
FAQ
Benötigen wir als Marktplatz mit Krypto-Zahlungen eine CASP-Lizenz/Zulassung?
Kommt auf die Funktionen an. Verwahrung, Handelsplatz, Orderausführung oder Transfer-Dienste sprechen für CASP-Pflichten. Ein Partner-Modell kann effizienter sein, wenn Rollen und Datenflüsse sauber geregelt sind. Ein Pre-Check klärt die Route.
Wann wird ein Utility-Token zum EMT oder ART?
Sobald Zahlungsersatz beworben oder faktisch ermöglicht wird bzw. eine Währungs-/Werte-Referenz vorliegt. EMT: Bezug auf eine Währung; ART: Bezug auf mehrere Werte. Whitepaper- und Werbesprache beeinflussen die Einordnung maßgeblich.
Wie setzen wir die Travel Rule pragmatisch um?
Meist mit TFR-Provider (API) plus klaren Triggern, Validierung, Fehler-/Eskalationslogik und revisionssicheren Logs. Zusammen mit GwG-Prozessen entsteht ein stabiler, skalierbarer Ablauf.