Patient darf Hausarzt Grundstück vermachen: Das BGH-Urteil 2025 im Detail

Mit dem BGH-Urteil vom Juli 2025 ist höchstrichterlich entschieden: Patient darf Hausarzt Grundstück vermachen. Die Testierfreiheit des Erblassers steht im Vordergrund und wird durch ein berufsrechtliches Zuwendungsverbot der Ärztekammer nicht automatisch eingeschränkt. Das Urteil ist ein Meilenstein für das deutsche Erbrecht und wirft wichtige Fragen zur Abgrenzung von Berufsrecht und Zivilrecht auf.

Rechtlicher Hintergrund: Grundstücksvermächtnis an den Hausarzt

Sachverhalt und Prozessgeschichte

Im zugrundeliegenden Fall schloss ein Patient mit seinem Hausarzt sowie weiteren Personen einen sogenannten Betreuungs-, Versorgungs- und Erbvertrag. Der Arzt verpflichtete sich zu umfassenden medizinischen und betreuenden Leistungen. Im Gegenzug sollte er nach dem Tod des Patienten Eigentümer eines Grundstücks werden. Später bestimmte der Patient in einem notariellen Testament eine weitere Person als Erbin für das übrige Vermögen. Nach dem Tod des Patienten kam es zum Streit über die Wirksamkeit des Vermächtnisses zugunsten des Arztes.

Berufsrechtliches Zuwendungsverbot (§ 32 BO-Ä)

Die Berufsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe untersagt es Ärzten, von Patienten Geschenke oder andere Vorteile anzunehmen, wenn dadurch die ärztliche Unabhängigkeit gefährdet wird. Die Vorinstanzen werteten das Vermächtnis als Verstoß gegen dieses Zuwendungsverbot und erklärten es für unwirksam (§§ 134, 2171 Abs. 1 BGB).

Juristische Würdigung: Testierfreiheit versus Berufsrecht

Testierfreiheit als verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht

Die Testierfreiheit ist in Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsgarantie) und § 1937 BGB verankert. Sie berechtigt jeden Erblasser, frei über den Nachlass zu verfügen und Begünstigte zu bestimmen. Einschränkungen dieser Freiheit sind nur auf Grundlage eines Parlamentsgesetzes zulässig.

Leitsatz des BGH:Ein berufsrechtliches Zuwendungsverbot stellt kein solches Parlamentsgesetz dar und kann daher die Testierfreiheit nicht wirksam beschränken.

 

Verhältnis von Berufsrecht und Zivilrecht

Das Zuwendungsverbot der Ärztekammer ist eine berufsständische Regelung. Es betrifft das Verhältnis zwischen Arzt und Ärztekammer und dient dem Schutz der Integrität und Unabhängigkeit der Ärzteschaft. Verstöße können berufsrechtliche Sanktionen (z.B. Rügen, Geldbußen, Approbationsentzug) nach sich ziehen. Zivilrechtlich – also im Verhältnis zwischen Patient und Arzt – entfaltet das Verbot jedoch keine unmittelbare Wirkung auf die Wirksamkeit eines Testaments oder Vermächtnisses.

Keine automatische Unwirksamkeit nach § 134 BGB

  • 134 BGB regelt die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Der BGH stellt klar: Ein Verstoß gegen das ärztliche Zuwendungsverbot ist kein Verstoß gegen ein Gesetz im Sinne des § 134 BGB, sondern gegen eine berufsrechtliche Vorschrift. Daher bleibt das Vermächtnis zivilrechtlich wirksam.

Grenzen der Testierfreiheit: Sittenwidrigkeit und Schutzmechanismen

Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) als Korrektiv

Unabhängig von berufsrechtlichen Vorschriften kann ein Vermächtnis nach § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig sein. Dies ist etwa der Fall, wenn der Arzt seine Stellung ausnutzt, um sich eine Zuwendung zu erschleichen, oder der Patient unter Druck gesetzt wurde. Die Gerichte prüfen im Einzelfall, ob eine solche Sittenwidrigkeit vorliegt.

Schutz vor unlauteren Einflussnahmen

Der Gesetzgeber stellt durch weitere Vorschriften sicher, dass die Testierfreiheit nicht missbraucht wird. So kann ein Testament angefochten werden, wenn es unter Täuschung, Drohung oder Irrtum zustande kam (§§ 2078, 2079 BGB). Auch die §§ 2286, 2287 BGB bieten Schutz vor missbräuchlichen Schenkungen und Pflichtteilsentziehungen.

Bedeutung des BGH-Urteils für die Praxis

Für Patienten: Stärkung der Nachlassfreiheit

Das Urteil stärkt die Rechtssicherheit für Patienten, die ihrem Hausarzt für langjährige, vertrauensvolle Betreuung eine Zuwendung machen möchten. Die freie Nachlassgestaltung bleibt gewährleistet.

Für Ärzte: Berufsrechtliche Risiken bleiben bestehen

Ärzte müssen weiterhin das Zuwendungsverbot beachten. Ein Verstoß kann berufsrechtliche Konsequenzen haben, auch wenn das Vermächtnis zivilrechtlich wirksam bleibt.

Für Erben und Nachlassverwalter: Prüfung bleibt erforderlich

Im Erbfall sollten Erben und Nachlassverwalter stets prüfen, ob das Vermächtnis sittenwidrig oder unter unzulässigem Einfluss entstanden ist. Nur in solchen Fällen kann eine Unwirksamkeit begründet sein.

Fazit: Grundstück an Hausarzt vermachen – Testierfreiheit im Mittelpunkt

Das BGH-Urteil 2025 bringt eine wichtige Klarstellung: Patient darf Hausarzt Grundstück vermachen. Die Testierfreiheit bleibt ein zentrales Grundrecht und steht über berufsrechtlichen Regelungen. Einschränkungen sind nur durch Parlamentsgesetze möglich. Für Patienten, Ärzte und Erben schafft das Urteil Rechtssicherheit und klare Leitlinien für die Nachlassplanung.

Wichtige Informationen: